Plötzlich sind alle moralisch empört, weil Amazon ein paar Jailbreak-Nutzern, die illegale Piraten-Bibliotheken auf ihren Geräten hatten, die Konten gesperrt und die Bücher gelöscht hat. Jetzt rennt halb Booktok zu Kobo und ruft „Fuck Amazon, wir sind jetzt die Guten!“
Ernsthaft? Kobo gehört zu Rakuten, einem japanischen Megakonzern, der genauso datenhungrig und profitorientiert ist wie Amazon. Die produzieren genauso geplanten Elektroschrott, lassen in denselben chinesischen Fabriken fertigen und verkaufen euch auch nur Lizenzen, keine Bücher. Deine „gekauften“ EPUBs auf dem Kobo-Tolino-System kannst du auch nicht einfach auf einen anderen Reader mitnehmen, wenn Rakuten morgen entscheidet, den Shop dichtzumachen oder die DRM-Server abzuschalten
So geschehen mit dem Microsoft eBook-Store 2019, oder dem Sony Reader Store im Jahr 2014.
Aber nein, solange auf dem Gerät nicht „Kindle“ draufsteht, fühlt sich der Wechsel nach moralischer Reinwaschung an. gut für die Klicks und den Algorithmus auf YouTube. Die moralisch grüne Bubble möchte sehen wie du bereust und in die Kamera weinst.
Ihr habt jahrelang bequem bei Amazon gekauft, weil es war euch egal, dass ihr keine echten Bücher besitzt, sondern nur widerrufbare Leseberechtigungen. Und jetzt, weil eine Handvoll Leute, die offensichtlich gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen haben, ihre Konsequenzen tragen mussten, spielt ihr plötzlich die Datenschutz- und Konsumkritik-Götter?
Der wahre Witz: Die meisten von euch werden in zwei Jahren wieder bei Amazon landen, weil die Auswahl besser und der Preis niedriger ist. Und euer alter Kobo landet dann im Schrank neben dem alten Kindle, dem alten Tolino und dem PocketBook – noch mehr Elektroschrott für die moralische Überlegenheit.
Wer wirklich was ändern will, kauft Papier oder lädt sich legale DRM-freie EPUBs aus unabhängigen Shops. Die kann man im übrigen auch auf einem Kindle lesen. Der Rest ist nur Virtue-Signaling mit neuem Plastikgehäuse.