Jede PlayStation Studio Story ist gleich? Ein Mythos, der die Magie von PlayStation ignoriert

Warum Sonys Spiele so emotional, menschlich und einzigartig sind.

In einem Bericht von IGN wird die These aufgestellt, dass die Geschichten von PlayStation immer gleichförmig seien – mit dem Unterton, dass eine bestimmte Ideologie „woke culture“ die Kreativität verdränge. Ich gebe zu es gibt durchaus ein prominentes Beispiel: Concord von Firewalk Studios (Sony) ist ein Paradebeispiel für ein Spiel, bei dem Kritiker meinen, das „woke culture“ im Vordergrund stand. Es kam 2024 raus als Live-Service-Hero-Shooter, ähnlich wie Overwatch. Die Charaktere sind extrem divers: dicke, nicht-binäre, queere Helden mit Pronomen-Fokus, regenbogenfarbene Designs und Themen wie Body Positivity. Trailers zeigten stolzierende Models statt Action, was wie eine DEI-Präsentation wirkte.

Der Sprecher behauptet aber auch unter anderem, realen Autoren seien Aktivisten ohne Lebens­erfahrung gewichen, und Studios wie Sony Interactive Entertainment hätten sich von „echtem Storytelling“ zugunsten einer sozialen Agenda verabschiedet. Diese Behauptung greift erheblich zu kurz. Denn einerseits ignoriert sie, wie stark Spiele wie The Last of Us Part II oder God of War Ragnarök gerade durch ihre emotionale Tiefe, ihre narrativen Innovationen und ihre dramaturgische Komplexität überzeugen – und andererseits unterstellt sie ein einheitliche linke Motivation hinter den Schöpferteams, das in der Realität so einfach nicht existiert.

Zweitens wird im Video suggeriert, dass Diversität und moderne Themen in diesen Spielen primär aus einer ideologischen Agenda heraus entstanden seien. Auch hier liegt eine Fehleinschätzung vor: Eine rein ideologiegesteuerte Ansichtsweise kollidiert mit der Praxis – etwa mit der Art, wie Charaktere sich im Spielverlauf ändern, scheitern, wachsen und zurückfallen, ganz ohne dass ihr Wert automatisch auf ihrer Geschlechts-, Ethnie- oder Orientierungszugehörigkeit basiert. Gerade bei The Last of Us Part II erkennt man nicht eine gemächlich inszenierte Geschichte die einer woken Ideologie folgt, sondern eine radikale Auseinandersetzung mit Schuld, Trauma und Reue – geschrieben von einem erfahrenen Entwicklerteam unter Leitung von Autoren wie Neil Druckmann.

Und bei God of War Ragnarök liefert das Team um Cory Barlog eine erneut überraschende Wendung: Kratos als Vater und Mentor, nicht nur als Berserker, mit einer Erzählung über Erbe, Verantwortung und Versöhnung. Wer hier eine starre Ideologie erkennt, übersieht die narrative Vielfalt und die künstlerische Freiheit, die diese Studios sich leisten – und die sie mutig nutzen.

Wenn man zum ersten Mal The Last of Us Part II spielt, spürt man etwas, das nur sehr wenige Werke – egal ob in Film, Literatur oder Videospiel – erreichen: eine tiefgehende emotionale Verbindung zu Figuren, die man eigentlich gar nicht kennen müsste. Man atmet mit ihnen, man leidet mit ihnen, man versteht sie, selbst wenn man ihre Handlungen ablehnt. Dasselbe gilt für God of War Ragnarök, ein Spiel, das eine jahrtausendealte nordische Mythologie nimmt und sie in eine zutiefst persönliche Vater-Sohn-Geschichte verwandelt. Nichts daran ist austauschbar, nichts ist „immer das Gleiche“. Es sind Erzählungen, die sich mit den ganz großen Fragen beschäftigen: Verlust, Schuld, Vergebung, Verantwortung – und dem Wunsch, als Mensch besser zu werden.

Oft wird behauptet, dass PlayStation-Spiele inhaltlich immer dieselben Themen behandeln würden, dass sie langweilig seien oder ständig nur „ewige Konflikte“ aus der Literatur wiederkäuen. Aber das ist gerade ihr größter Verdienst. Die besten Geschichten sind seit jeher zeitlos. Shakespeare schrieb über Liebe, Verrat und Macht; Homer über Zorn und Familie. Wenn Kratos in God of War seinem Sohn Atreus beibringt, was es heißt, seinen Platz in der Welt zu finden, dann ist das kein Klischee – es ist ein Spiegel unserer eigenen Suche nach Sinn. Gute Narrative greifen universelle Motive auf, aber sie erzählen sie neu, anders, durch die Sprache und die Möglichkeiten des Mediums Videospiel.

Spiele wie The Last of Us Part II oder Ghost of Tsushima beweisen, dass interaktive Erzählkunst ein neues Level erreicht hat. Sie bieten nicht nur filmreife Inszenierung, sondern auch spielmechanische Tiefe, die Emotionen verstärkt, anstatt sie zu ersetzen. Der Moment, in dem man Ellies Rachefeldzug hinterfragt, oder in dem man Jin Sakai zwischen Ehre und Überleben schwanken sieht, ist kein platter moralischer Zeigefinger. Es ist eine Einladung, selbst zu reflektieren. Wer behauptet, das sei langweilig, verkennt, dass gerade diese Ambivalenz das Gegenteil von Monotonie ist.

Ein weiterer Vorwurf lautet, dass „echte Autoren“ durch „Woke Aktivisten ohne Lebenserfahrung“ ersetzt worden seien. Das klingt zunächst provokant, entpuppt sich aber bei genauerem Hinsehen als unbegründet. Die Menschen, die hinter diesen Spielen stehen, sind vielfach erfahrene Drehbuchautorinnen, Designer und Regisseure, die aus Film, Theater und Literatur kommen. Neil Druckmann (The Last of Us) oder Cory Barlog (God of War) sind keine ideologischen Missionare, sondern Künstler, die ihre Geschichten mit persönlicher Erfahrung, Empathie und künstlerischer Vision füllen. Wenn Druckmann in Interviews über Verlust und menschliche Schwäche spricht, merkt man, dass hier jemand schreibt, der verstanden hat, wie echte Emotionen funktionieren – nicht jemand, der politische Parolen verpackt.

Natürlich gibt es in modernen Spielen mehr Diversität. Figuren sind nicht mehr nur weiße Männer mit Muskeln, sondern auch Frauen, queere Charaktere oder Menschen mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund. Doch das ist keine „Unterwanderung durch woke culture“, sondern schlicht ein Spiegel der Gesellschaft, in der wir leben. Vielfalt in der Kunst bedeutet nicht politische Agenda, sondern Realismus. In The Last of Us Part II ist Ellie lesbisch – aber das Spiel definiert sie nicht dadurch. Ihre Sexualität ist Teil ihrer Menschlichkeit, nicht ihr einziger Charakterzug. Dasselbe gilt für viele andere Figuren im PlayStation-Kosmos. Sie sind nicht „Symbole einer Ideologie“, sondern komplexe Menschen, die Fehler machen, zweifeln, lieben und kämpfen.

Sony-Studios wie Naughty Dog, Santa Monica Studio oder Guerrilla Games setzen auf Storytelling, das über Explosionen und Heldenposen hinausgeht. Sie zeigen, dass Spiele heute ernsthafte narrative Kunstwerke sein können. Wenn jemand behauptet, alle PlayStation-Geschichten seien gleich, verwechselt Wiedererkennbarkeit mit Themenvielfalt. Ja, es geht oft um Emotionen, um menschliche Konflikte, um Moral. Aber wie diese Themen umgesetzt werden – in einer postapokalyptischen USA, in den Mythen des Nordens oder auf einem futuristischen Planeten voller Maschinenwesen – das zeigt, wie breit das erzählerische Spektrum tatsächlich ist.

Aber auch Third Party Spiele leiden oft unter falschen Vorurteilen. Ein weiteres Spiel, das in diese Diskussion geriet, war Forspoken (Square Enix, 2023). Kritiker warfen dem Spiel vor, es wolle vor allem eine „diverse, unabhängige Frau“ in den Mittelpunkt stellen, ohne dass das Gameplay oder das Writing mithalten könne. Hier zeigt sich ein anderer Aspekt: Nicht Diversität ist das Problem, sondern schwaches Storytelling und unausgefeilte Figuren. Frey ist keine uninteressante Figur, weil sie schwarz oder weiblich ist, sondern weil die Dialoge und die Inszenierung oft unauthentisch wirken. Das Spiel wird also zu Unrecht als „zu woke“ abgestempelt – das eigentliche Problem ist schlicht handwerklicher Natur.

Auch Saints Row (2022) wurde kritisiert, weil es den anarchischen Humor der Reihe zugunsten eines „zahmeren“ und inklusiveren Tons verändert hat. Einige Spieler sahen darin eine Anpassung an „political correctness“. Doch bei genauerem Hinsehen war das Hauptproblem auch hier nicht Ideologie, sondern Identitätsverlust. Die neuen Figuren wirkten flacher, der Witz weniger bissig – nicht, weil das Spiel moralisch „woke“ war, sondern weil es stilistisch unentschlossen blieb und die satirische Schärfe früherer Teile verlor.

Ähnlich erging es Gotham Knights, das diverse Charaktere einführte und inklusive Themen streifte, aber vor allem wegen technischer Mängel und repetitiver Missionen kritisiert wurde. Dennoch wurde in manchen Ecken des Internets das Vorurteil laut, das Spiel sei „zu politisch korrekt“. In Wahrheit war es schlicht spielerisch unausgereift – die Diversität der Figuren spielte dafür keine entscheidende Rolle.

Diese Beispiele zeigen: Der Begriff „woke“ wird oft als Schlagwort benutzt, um Unzufriedenheit mit kreativen Entscheidungen auszudrücken. Wenn ein Spiel nicht überzeugt, wird schnell eine kulturelle Erklärung gesucht – doch meist liegt der Grund viel simpler in Storytelling, Gameplay oder Tonalität. Diversität an sich macht kein Spiel schlechter. Gute Spiele integrieren sie glaubwürdig; schwächere setzen sie oberflächlich ein. Das ist kein kulturelles Problem, sondern ein künstlerisches.

Und letztlich: Wo genau soll man in diesen Spielen bitte „woke culture“ spüren? In Kratos, der lernt, nicht mehr nur zu töten, sondern auch zu fühlen? In Ellie, die von Rache zerfressen ist und daran beinahe zerbricht? In Aloy, die die Geheimnisse ihrer Welt entschlüsselt, ohne dass ihr Geschlecht eine Rolle spielt? Wer diese Geschichten tatsächlich spielt, statt sie nur zu kommentieren, merkt schnell: Hier geht es nicht um politische Erziehung, sondern um Menschlichkeit.

PlayStation-Geschichten sind nicht alle gleich. Sie sind vielfältig, mutig, emotional und oft schmerzhaft ehrlich. Sie zeigen, dass das Medium Spiel erwachsen geworden ist. Und wenn das der Preis für mehr Perspektiven, mehr Empathie und mehr Tiefe ist – dann sollte man ihn mit Freude zahlen. Denn was diese Spiele wirklich lehren, ist nicht Ideologie, sondern Mitgefühl.